Gottesdienst Herbst 2019


Heicho

 

Liebi Gmeind,

 

wenn ich heichum, denn bin ich meischtens sehr gschpannt. Also immer vorusgsetzt, dass ich es paar Täg weg gsi bin. Ich frög mich uf em Heiweg, öb au alles guet gange isch. Wie goht's de beide Laufente. Lebed's no, wenn ich hei chumm. Oder isch de Fuchs cho? Hend d'Schildkrote gnueg Fuetter und z'trinke übercho. Und wie isch es mit de Pflanze? Hoffentlich sind sie nöd verdurschtet. Ich beruhig mich denn amix uf de Heifahrt. "Du hesch jo keis sms übercho!" seg ich zu mir selber. "Also wird scho alles in Ornig si. Und Du weisch jo: Du chasch Dich uf d'Lüüt dehei verloh. Sie sind zueverlässig." Trotzdem: E gwüssi Spannig bliebd. Und denn - dehei? Es isch alles guet. Me het zu de Tier und de Pflanze guet glueged. Eso, wie ich mir's jo uf em Heiweg gseit han.  

Und denn fangd d'Arbet a: Ich muess wäsche, ich muess d'Post sichte, de Computer stell ich no gar nöd a - d'Mails werded am nöchschte Tg aglueged. Es graut mir jedesmol devor. Denn es sind Dutzendi, wenn nöd Hunderti. Im Kühlschrank lueg i, was noch bruchbar isch. Wenn ich's nöd uf em Heiweg gmacht ha, muess ich go ikaufe. Kurzum: De Alltag het mich wieder. Und bis alles wieder zum laufe chunnt, het er mich meh als normal. Es isch fascht, als würd er grinsend zu mir sege: "Chasch scho furtgoh, aber wenn Du heichunsch, zahlsch de Priis dodefür. Es isch als wär de Alltag enttüscht dodevo, dass me ihn verloh het. Und das loht er eim am Afang gschpüre.

Und denn? Während ich langsam wieder in gwohnte Trott chumm, hang ich de Erinnerige noh. Ich stell mir nompl die schö Landschaft vor, wo ich duregfahre bin. Und nume scho d'Gedanke do dra löhnd mich lächle. Ich freu mich nomol dra. Wenn ich imene Land gsi bin, wo ich d'Sproch nöd guet oder nume schlecht cha, denn chömmed mir Szene in sinn, wo ich imene Restaurant versucht ha öppis z'bschtelle. Uf jede Fall han ich öppis übercho. Mengmol aber nöd das, wo ich eigentlich han welle. "Wenn's Dir de Kopf nöd zueloht, zum Englisch rede, denn muesch halt esse, was uf de Tisch cho isch", han ich mir gseit. De Gedanke do dra, loht mich dehei nomol über mich selber lache.

Heicho: Irgendwie ich alles glich bliebe. Und trotzdem isch es andersch. Ich han mich veränderet. Nöd dass ich e ganz anderi Person wär. Aber ich han Erlebnis gmacht, wo ich dehei eso nöd het chönne mache. Und das git mir en wiitere Horizont und veränderet mich eso. Zu dere Veränderig ghört's au, dass me dankbar cha werde. Dankbar für ganz chlini Sache, wo mir als selbverständlich alueged, wo aber gar nöd isch. Z.B. dass mir s'Wasser ab em Hahne chönnd trinke. Das isch bi wiitem nöd überall so. Oder dass en Kafi am Morge guet isch. Und nöd eifach e dunkli Brüh, wo me me schlecht als recht i sich inne schüttet.

 

Heicho - das im Vertraue uf Lüüt, wo mini Sache ghüetet hend als seged's ihri eigne. Heicho und merke: Ich cha mich würklich uf mini Nochbere verloh. Heicho und de Alltag wieder ufneh, au wenn de am Afang beleidigt isch, will me weg gsi isch. Heicho und die schöne Erlebnis i de erinnerig nomol durlebe und sich dra freue. Heicho und über sich selber chönne lache. Heicho und dankbar si für das vieli Gueti, wo mir do hend.

Heicho - en komplexe Vorgang.

 

 

Ja, das stimmt wohl. Das Heimkommen hat mehrere Facetten. Aber wahrscheinlich hat es immer was mit Geborgenheit zu tun. Wirklich daheim bin ich nur dort, wo ich mich geborgen fühle und wohin ich gern zurückkehre mit all meinen Gedanken und Erlebnissen.

 

Natürlich gibt es auch Situationen, in denen diese Geborgenheit ein wenig in Frage steht, wo ich auch mit einem leichten Kribbeln in der Magengegend nach Hause komme: Nach einem Streit mit der Familie zum Beispiel, weil ich nicht recht weiss, was nun kommt.

 

Aber eins steht auf jeden Fall fest: Jeder von uns wünscht sich einen Ort, an dem man daheim ist. Das ist ein menschliches Grundbedürfnis. Ein Ort der Sicherheit, des Vertrauens, ein Ort, mit dem ich ganz vieles verbinde. Einen festen Ort, an den ich immer wieder zurückkehren kann. Nach einem Urlaub, wie du es erzählt hast Ernst, nach einer Töff-Tour, egal…

 

Nun wären wir aber nicht in einer Kirche, wenn wir nicht auch den Link zu Gott machen würden. Und dazu haben wir einer der schönsten und eindrücklichsten Erzählungen aus der Bibel gehört. Die Erzählung vom verlorenen Sohn, der die Heimat verlässt, dann schweren Herzens nach Hause zurückkehrt und überrascht wird von einem bedingungslosen und extrem liebevollen Willkommensein – obwohl er sich verhalten hat wie Sau.

 

Es ist eine Erzählung, in der so vieles vorkommt und wir könnten jetzt bis morgen darüber reden. Ich finde z.B. den neidischen Bruder ziemlich interessant…

 

Aber wie dem auch sei, ich glaube, der biblische Text will uns heute passend zum Thema vor allem eins sagen: Zu Gott kannst du immer heimkommen. Er empfängt dich, so wie du bist und schliesst dich in die Arme. Wo auch immer. Egal, was vorher war. In seinen Armen kannst du dich sicher und geborgen fühlen.

 

Ich weiss schon, das klingt jetzt wieder nach den üblichen religiösen Formeln, mit denen man nichts anfangen kann. Was heisst es schon, zu Gott nach Hause zu kommen und von ihm in die Arme geschlossen zu werden?

 

Ich habe das für mich persönlich so erfahren: Es war und ist das Gefühl, dass Gott JA zu mir sagt, dass er mir zusichert, dass es ok ist, wie ich bin, obwohl ich so vieles nicht kann, obwohl ich immer wieder Fehler mache, obwohl ich mich manchmal selbst nicht leiden kann.

 

Entwickelt hat sich dieses Gefühl sehr langsam, ich habe sehr viele Jahre dafür gebraucht. Aber irgendwann konnte ich meinen Blick abwenden von dem, was ich nicht kann und was mich stört an mir und hinwenden zu dem, was ich hab und kann. Ich bin mir bewusst geworden, dass ich beschenkt worden bin und dass ich was anfangen kann mit dem, was ich mit auf den Weg bekommen habe. Und ich habe im Laufe der Jahre Menschen kennengelernt, die mich trotz allem gern haben, die mich bestärkt, die mich gefördert und an mich geglaubt haben. Ich denke, ich bin diesen Menschen nicht zufällig begegnet.

 

Irgendwann hat sich das Gefühl entwickelt, dass es ganz ok ist, wie ich bin. Dass ich so sein darf. Dass es gar nicht schlecht ist, dass ich da bin. Und dass ich was auf den Weg mitbekommen habe, als Geschenk. Ich glaube, von Gott. Und das hat mich irgendwie spüren lassen, dass diese Welt, dieses Leben, dass meine Aufgaben wie Heimat für mich sind. Und dass Gott seine Hände wie ein Dach über mich hält.

 

Oh je, das war jetzt alles ein bisschen ernst… Aber es gehört zu meinen spontanen Gedanken, wenn ich an Heimat, ans Heimkommen denke. Es ist mehr, als meine Wohnung, meine Umgebung, es ist ein Grundgefühl, das mich trägt.

 

Ich hoffe, ich hab mich einigermassen verständlich ausgedrückt… Jedenfalls wünsche ich uns allen immer wieder das Gefühl, schlicht aufgehoben, beheimatet zu sein. In uns, in der Welt, in Gott.

 

 

 

Fürbitte

 

 

Guter Gott, verurteilen tun wir ganz gern und wir fühlen uns dann schnell überlegen. Gib uns ein offenes Herz und schütze uns davor, Menschen zu verurteilen, weil sie anders handeln oder einfach anders sind als wir. Schenke uns im Gegenteil die Kraft, andere in die Arme zu schliessen und ihnen zu zeigen, wie wertvoll sie sind.